Rückblick und Ausblick 2024/25
Mit 2024 neigt sich ein ereignisreiches Jahr dem Ende zu, das einige Neuerungen im Nationalfonds und im Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich gebracht hat. Wir nutzen die Gelegenheit für einen Rückblick und einen Ausblick auf das kommende Jahr.

Rückblick auf 2024
Mit Jahresbeginn 2024 trat eine Novelle des Nationalfondsgesetzes und des Friedhofsfondsgesetzes in Kraft, die neue Aufgaben und Strukturen brachte:
Gedenkdienst und internationale Austauschprogramme
Seit 2024 fördert der Nationalfonds Gedenkdienstleistende sowie internationale Austauschprogramme für Jugendliche, um künftig auch jüngere Generationen in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit zu unterstützen.
Über 160 Gedenkdienstleistende, die in rund 100 Einsatzstellen in über 30 Ländern weltweit ihren Dienst leisten, konnten im ersten Jahr mit insgesamt rund 250.000 Euro unterstützt werden. In Zusammenarbeit mit der Agentur für Bildung und Internationalisierung OeAD und Erinnern.at wurde ein Pilotkonzept für ein internationales Austauschprogramm für Schülerinnen und Schüler zwischen Österreich und Israel konzipiert. In Fachgesprächen mit deutschen Kolleginnen und Kollegen, die vergleichbare Programme anbieten, fand ein intensiver Austausch über Erfahrungen und Best Practice Beispiele statt.
Gedenkstätte und Unterstützung für Volkgruppe der Roma und Sinti
Die Realisierung einer Gedenkstätte für NS-Opfer aus den Reihen der Roma und Sinti ist ebenfalls in Planung. In einem Dialogforum mit Vertreterinnen und Vertreter der Community wurden mögliche Standorte für die Gedenkstätte diskutiert, die anschließend auf ihre Machbarkeit und denkmalschutzrechtlichen Anforderungen hin geprüft wurden. Seit 2024 unterstützt der Nationalfonds zudem Personen, in deren Obhut das Grab eines/r Überlebenden des Nationalsozialismus aus den Reihen der Roma und Sinti liegt.
„Gestezahlung“ und weitere Leistungen für NS-Opfer
2024 konnten wir die Auszahlung einer außerordentlichen Gestezahlung im Wesentlichen abschließen. Über 3.400 NS-Opfer in 40 Ländern weltweit, die meisten davon in Österreich, den USA, Israel, Großbritannien, Australien, Kanada und Frankreich, haben eine nochmalige Gestezahlung erhalten. Insgesamt hat der Nationalfonds im Rahmen der außerordentlichen Gestezahlung 17,3 Millionen Euro ausbezahlt.
Überlebende, die der besonderen Hilfe bedürfen, können zusätzliche Auszahlungen zur Unterstützung erhalten. Die zahlreichen Ansuchen in den vergangenen Jahren verdeutlichen die hohe Relevanz und Dringlichkeit einer gezielten Unterstützung in diesem Bereich.
Der Nationalfonds unterstützt NS-Überlebende und ihre Nachkommen auch durch historischen Recherchen zu Familiengeschichten und bei der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
Simon-Wiesenthal-Preisverleihung
Im März 2024 wurde der Simon-Wiesenthal-Preis im Parlament vergeben. Das Dialogprojekt „LIKRAT – Lass uns reden!“ erhielt den Hauptpreis, den Preis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus erhielt Asociación Cultural Mota de Judíos aus Spanien, die in Österreich beheimatete Organisation CENTROPA wurde für ihr zivilgesellschaftliches Engagement für Aufklärung über den Holocaust ausgezeichnet. Im Rahmen der Preisverleihung wurden die Zeitzeug:innen für ihren Beitrag zur Antisemitismus-Prävention geehrt: Helga Feldner-Busztin (Österreich), Jeno Friedman (USA), Octavian Fülöp (Rumänien), Naftali Fürst (Israel), Maria Gabrielsen (Norwegen), Viktor Klein (Österreich), Otto Nagler (Israel), Katharina Sasso (Österreich), Liese Scheiderbauer (Österreich) und Marian Turski (Polen)
Jüdische Friedhöfe in Österreich
Die ebenfalls 2024 in Kraft getretene Novelle des Friedhofsfondsgesetzes ermöglicht eine Intensivierung und Fortführung der Sanierung der jüdischen Friedhöfe in Österreich. Im Mai genehmigte das Kuratorium ein Instandsetzungsprojekt am jüdischen Friedhof Mattersburg. Im Juni wurde der sanierte neue jüdische Friedhof in St. Pölten feierlich übergeben und im Herbst ein vom Nationalfonds mitfinanziertes Kunstprojekt am alten jüdischen Friedhof in St. Pölten eröffnet. In Kooperation mit dem Institut für jüdische Geschichte Österreichs bietet der Nationalfonds zudem Workshops für Lehrende auf beiden jüdischen Friedhof St. Pölten an.
Seit Errichtung des Friedhofsfonds konnten auf 18 jüdischen Friedhöfen Projekte mit insgesamt rund 14 Millionen Euro umgesetzt werden. 13 jüdische Friedhöfe wurden bisher fertig saniert und an die Standortgemeinden für die weitere Pflege übergeben. Auf den jüdischen Friedhöfen Wiener Zentralfriedhof Tor 1 und Tor 4, Währing, Mistelbach und Mattersburg werden die Instandsetzungsarbeiten auch im kommenden Jahr fortgesetzt.
Konferenz zur Vernetzung mit nationalen und internationalen Organisationen
Im Oktober 2024 veranstaltet der Nationalfonds im Parlament seine erste Konferenz zur Präventionsarbeit und Vernetzung mit nationalen und internationalen Organisationen. Die Konferenz stellte Vergangenheit und Zukunft der Gedenk- und Erinnerungsarbeit in den Mittelpunkt. Sie bot eine umfassende Rückschau auf die NS-Aufarbeitung in Österreich, würdigte die erzielten Leistungen und realisierten Projekte und eröffnete einen Diskurs über die zukünftige Gestaltung des Gedenkens.
Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit
Im Februar wurden der Bildband "Häuser der Ewigkeit. Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich" und die Edition 2024 des "Wegweisers zu den jüdischen Friedhöfen in Österreich" im Parlament präsentiert.
Im November war der Nationalfonds auf der Interpädagogica, der Bildungsfachmesse für Lehrmittel, Ausstattung, Kultur und Sport, vertreten und stellte unter anderem die Buchreihe „Erinnerungen“ mit Lebensgeschichten von Verfolgten des NS-Regimes sowie Begleitmaterialien vor.
Hier finden Sie einen Überblick über unsere Publikationen und Dokumentationen.
Die aktualisierte Ausstellung des Nationalfonds „Vom Vergessen zum Erinnern“ wurde im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit im November an der Österreichischen Botschaft Washington, DC. eröffnet.
Ausblick auf 2025
Simon-Wiesenthal-Preisverleihung
Im vierten Jahr der Ausschreibung wurden wieder zahlreiche Projekte und Initiativen für den mit 30.000 Euro dotierten Simon-Wiesenthal-Preis eingereicht. Aus 30 Ländern weltweit sind rund 220 Bewerbungen eingelangt. Die jüngste einreichende Person ist 15, die älteste 99 Jahre alt.
Auf Vorschlag der Jury hat das Kuratorium im Oktober 2024 seine Entscheidung über die Preisträgerinnen und Preisträger getroffen. Die Bekanntgabe der Preisträgerinnen und Preisträger und die Ehrung der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen findet im Rahmen einer Veranstaltung im Parlament im März 2025 statt.
Neuerungen in der Projektförderung
Im Jahr 2025 liegt ein Schwerpunkt auf der Förderung von Projekten, die sich der Identifikation und Bekämpfung von Desinformation in Online-Medien widmen. Besonders im Fokus stehen Projekte, die gezielt gegen Desinformationen vorgehen, welche den Holocaust relativieren oder die Erinnerungskultur unterminieren. Für diesen Schwerpunkt wird im kommenden Jahr ein Drittel des Förderungsbudgets bereitgestellt.
Eine neue Richtlinie ermöglicht die Förderung von Projekten, die den Nachkommen von Opfern des Nationalsozialismus zugutekommen, sowie solche, die die wissenschaftlichen Erforschung der Rolle von Täterinnen und Tätern sowie Mitläuferinnen und Mitläufern im Nationalsozialismus zum Ziel haben. Darüber hinaus bleibt die Förderung von Bildungs- und Schulprojekte ein zentraler Bestandteil, um das Bewusstsein für die Vergangenheit zu stärken und eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Geschichte zu fördern.
Die Einreichfristen für Projektförderungen werden ab 2025 von bisher zwei auf vier Termine erweitert: 1. Februar, 1. April, 1. September und 1. November.
Publikationen - Neuerscheinungen
Der neueste Band 8 der Buchreihe "Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfer des Nationalsozialismus" widmet sich dem Thema "Exil nach Palästina/Leben in Israel".
Der achte Band der Reihe "Entscheidungen der Schiedsinstanz für Naturalrestitution" enthält 21 Entscheidungen der Schiedsinstanz aus den Jahren 2009 und 2010 im deutschen Original und in englischer Übersetzung.
Ebenfalls präsentiert wird im kommenden Jahr die Publikation des zweisprachigen "Schlussberichts der Schiedsinstanz für Naturalrestitution". Dieser dokumentiert Entstehungshintergründe, zeichnet die vielfältigen Herausforderungen der historischen und juristischen Antragsbearbeitung nach und legt die Ergebnisse dieser jüngsten österreichischen Rückstellungsmaßnahme im Zusammenhang mit der NS-Zeit anschaulich dar.
Buchpräsentationen zu den Neuerscheinungen sind für das erste Halbjahr 2025 geplant.
Konferenz und 30 Jahre Nationalfonds
Im Herbst 2025 stehen mit der zweiten Konferenz zur Präventionsarbeit und Vernetzung mit nationalen und internationalen Organisation und dem 30-jährigen Bestehen des Nationalfonds zwei besondere Ereignisse bevor.
Mit diesem Ausblick wünschen wir Ihnen
schöne Feiertage und alles Gute im neuen Jahr 2025!