Jüdische Friedhöfe Oberstockstall und Waidhofen an der Thaya nach Sanierung übergeben
Nach umfangreichen Instandsetzungen wurden heute die jüdischen Friedhöfe in Oberstockstall in der Gemeinde Kirchberg am Wagram und in Waidhofen an der Thaya an die Standortgemeinden übergeben.
Bei den feierlichen Übergaben waren unter anderem anwesend: der Vorsitzende des Kuratoriums des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich (Friedhofsfonds), Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die Abgeordnete zum Nationalrat Martina Diesner-Wais, der Präsident des Bundesdenkmalamtes Christoph Bazil, der Landeskonservator für Niederösterreich Bundesdenkmalamt Patrick Schicht, der Generalsekretär für kaufmännische Angelegenheiten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien Klaus Hoffmann, die Generalsekretärin des Nationalfonds und des Friedhofsfonds Hannah Lessing. Für die Standortgemeinden nahmen der Vizebürgermeister von Kirchberg am Wagram Erwin Mantler bzw. der Bürgermeister von Waidhofen an der Thaya Josef Ramharter an den feierlichen Übergaben teil.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka: „Die Sanierung der jüdischen Friedhöfe in Österreich ist mir, in meiner Rolle als Vorsitzender des Kuratoriums des Nationalfonds und des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe, ein besonderes Anliegen. Jüdische Friedhöfe sind Zeugnisse eines wichtigen Teils österreichischer Geschichte, der nicht in Vergessenheit geraten darf. Es liegt in unser aller Verantwortung, diese Orte der Erinnerung zu bewahren. Gemeinsam, mit Hilfe der Standortgemeinden und zivilgesellschaftlicher Initiativen, die sich dankenswerterweise bereits seit Jahren um jüdische Friedhöfe sorgen, kann der dauerhafte Erhalt dieses kulturellen Erbes sichergestellt werden.“
Präsident der IKG Wien Oskar Deutsch: „Ich freue mich sehr, dass zwei weitere jüdische Friedhöfe saniert wurden und nun auch an die Gemeinden übergeben werden konnten. Der jüdischen Tradition entsprechend sind Grabstätten bis an das Ende der Tage gedacht. Umso wichtiger ist es für uns, dass die Friedhöfe, nach vielen Jahren des Verfalls, wieder in einen würdigen Zustand gebracht werden konnten. Die Friedhöfe sind außerdem Kulturdenkmäler, die an die zahlreichen, jüdischen Gemeinden erinnern. Mithilfe des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe gelingt es, diesen Teil unseres österreichisch-jüdischen Kulturerbes zu bewahren, abzusichern und auch wieder ein Stück weiter in die Wahrnehmung vieler Österreicherinnen und Österreicher zu rücken.“
Generalsekretärin des Nationalfonds und Friedhofsfonds Hannah Lessing: „Über die Grenzen Österreichs hinaus hat dieses große Projekt der Instandsetzung Bedeutung: In zahllosen Gesprächen mit Nachkommen vertriebener Jüdinnen und Juden aus Österreich habe ich die Erfahrung gemacht, wie stark für die zweite und dritte Generation die Verbindung zur Heimat ihrer Vorfahren bis heute sein kann. Oft begegnet mir der Wunsch, die Orte zu besuchen, wo die Großeltern und Urgroßeltern einst gelebt haben, und auf ihren Gräbern einen Stein der Erinnerung niederzulegen.“
Generalsekretär für kaufmännische Angelegenheiten der IKG Wien Klaus Hoffmann: „Durch die erfolgreiche Instandsetzung von zwei weiteren jüdischen Friedhöfen in Niederösterreich wurde den verstorbenen Jüdinnen und Juden wieder eine würdevolle Umgebung für ihre Totenruhe zurückgegeben. Die Erinnerung an einst blühendes jüdisches Leben in Niederösterreich wird damit wachgerufen – ein wichtiges Signal für Toleranz und Wertschätzung in unserer Gesellschaft.“
Der Vize-Bürgermeister von Kirchberg am Wagram Erwin Mantler erinnerte in seiner Rede an die wechselvolle Geschichte des jüdischen Friedhofs in Oberstockstall und bedankte sich bei den Bürgern, die gemeinsam mit der Marktgemeinde für die Pflege des Friedhofs zuständig waren bzw. sein werden. „Mit der besonders gelungenen Instandsetzung soll der jüdische Friedhof Oberstockstall wieder mehr in den Blickwinkel der Menschen vor Ort gelangen. Möge dieser Ort zukünftig immer nur Frieden und Ruhe ausstrahlen.“
Bürgermeister Josef Ramharter: „Der jüdische Friedhof in Waidhofen an der Thaya ist ein besonderer Ort der Erinnerung, der ein wichtiges Zeugnis der Geschichte unserer Stadt und unserer Region ist. Es freut mich, dass er durch die Sanierung wieder zugänglich ist. Im Namen der Stadtgemeinde möchte ich mich bei allen Projektbeteiligten für die professionelle Umsetzung der Sanierung herzlich bedanken!“
Oberstockstall
Der 1887 gegründete und seit 2005 unter Denkmalschutz stehende Friedhof diente der jüdischen Gemeinde Kirchberg am Wagram und den umliegenden Dörfern als Begräbnisstätte. Auf dem Friedhof befinden sich rund 40 Grabsteine, er ist von einer mit Pfeilern versehenen Mauer umgeben und liegt etwas versteckt im Wald.
Der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich unterstützte die Instandsetzung des Friedhofs 2021/22 in zwei Teilprojekten mit Bundesmittel in Höhe von insgesamt rund 145.000 Euro. Das Land Niederösterreich förderte die Instandsetzung des jüdischen Friedhofs mit insgesamt rund 54.000 Euro. Die Sanierung umfasste Baumeister-, Steinmetz- und Gärtnerarbeiten, darunter den Freischnitt von Bewuchs, die Sanierung der Mauer und Errichtung eines schmiedeeisernen Tores, die statische Sanierung von Grabanlagen einschließlich Reinigungs- und Sicherungsmaßnahmen sowie Planungsarbeiten und Generalplanerleistungen. Zudem wurden die Grabstellen in einer Datenbank erfasst.
Weitere Informationen zum Friedhof und den Instandsetzungsarbeiten.
Waidhofen an der Thaya
Der Ende des 19. Jahrhunderts errichtete und seit 2009 unter Denkmalschutz stehende jüdische Friedhof in Waidhofen an der Thaya wurde gegenüber dem Kommunalfriedhof errichtet. Das damalige Tahara-Haus wurde lange auch als Aufbahrungshalle für den christlichen Friedhof verwendet. Die über 170 Gräber sind vorwiegend als große Granitsteingrabmäler ausgeführt.
Der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich unterstützte die Instandsetzung des Friedhofs 2021/22 in drei Teilprojekten mit Bundesmittel in Höhe von insgesamt 340.000 Euro. Das Land Niederösterreich förderte die Instandsetzung des Friedhofs mit insgesamt rund 125.000 Euro. Die Sanierung umfasste Baumeister-, Steinmetz-, Schlosser- und Gärtnerarbeiten, darunter den Freischnitt von Bewuchs, die Sanierung bzw. Herstellung von Einfriedungsmauern und Eingangstoren, die statische Sicherung und Sanierung von Grabstellen einschließlich Reinigungs- und Sicherungsmaßnahmen sowie Planungsarbeiten und Generalplanerleistungen.
Weitere Informationen zum Friedhof und den Instandsetzungsarbeiten.
Instandsetzung jüdischer Friedhöfe in Österreich
Im Dezember 2010 wurde der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich eingerichtet, um die im "Washingtoner Abkommen" vereinbarte völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs zur Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich umzusetzen. Dem beim Nationalrat eingerichteten Fonds wird zu diesem Zweck über einen Zeitraum von 20 Jahren vom Bund jährlich ein Betrag in Höhe von einer Million Euro zugewendet. Die Organe des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich sind das Kuratorium, die Generalsekretärin und der Beirat.
Seit Bestehen des Fonds wurden vom Kuratorium des Fonds 56 Anträge für die Instandsetzung auf 15 jüdischen Friedhöfen behandelt und Fördermittel in Höhe von rund 9,2 Millionen Euro zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe genehmigt. Die Instandsetzungsarbeiten sind ein wichtiger Beitrag, um die jüdischen Friedhöfe als Kulturgut für die Zukunft zu erhalten.